Das Paket, das zu Tränen rührt

Veröffentlicht am 24.12.2020 in Aktuelles
 

Überwältigendes Echo / Weihnachtsaktion unterstützt Handel und Gastronomie. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, das Nicola Schurr erlebt. Hier die überaus erfolgreiche Aktion »Dein Weihnachtspaket«, andererseits sozial schwache Menschen, »die vor mir in Tränen ausbrechen«.

Villingen-Schwenningen. Nicola Schurr, mit Axel Killmann Mitinitiator der Aktion »Dein Weihnachtspaket«, öffnet einen Schrank in einer Schule in Schwenningen. Mehrere Kartons quellen über, Hygieneartikel wie Duschgel und Zahnpasta, stehen eng an eng neben Kartons mit Wurstdosen, abgepackten Salamiringen, Nudeln oder Stollen und Schokoladetafeln. Zur großen Freude der Organisatoren haben viele Spender Spielsachen mit hineingepackt, um auch den Kindern eine Freude zu bereiten. »Die Aktion«, zieht sich Schurr Bilanz, »ist ein super Erfolg geworden. « Wenn sich Schurr mit seinen Helfern an Heiligabend in der Doppelstadt und ein paar Kreisgemeinden auf den Weg macht, werden es an die 80 Weihnachtspakete sein, die in den turbulenten wie schwierigen Zeiten sozial schwachen Menschen eine kleine Freude bringen sollen. Mit dieser Zahl sei das Ziel bei weitem erreicht. Ursprünglich hatten die Initiatoren 50 Pakete angepeilt. Ehepaar Lichte hilft mit Unterstützt wurden Schurr und Killmann vom seit vielen Jahren im sozialen Bereich engagierten Schwenninger Ehepaar Ulrike und Karl-Henning Lichte. »Die beiden nannten uns ein paar Familien, die wir nun an Heiligabend auch beliefern. « Doch anders als die Aktion im Frühling, »deine Einkaufstüte«, füllen jetzt nicht nur Lebensmittel oder Hygieneartikel die Kartons. »Wir wollten für Weihnachten auch gleichzeitig etwas für den Handel und die Gastronomie tun, die gerade schwierige Zeiten erlebt. « Wer will, kann das Weihnachtspaket mit einem Gutschein für ein Lokal, ein Café oder ein Geschäft seiner Wahl ergänzen. Bislang kamen Gutscheine in Höhe von mehr als 2000 Euro zusammen. Vor allem kleinere Geschäfte sollten davon profitieren, erklärt Schurr die Gutschein-Idee. Sind die Namen der Beschenkten vertraut, die Adressen die gleichen wie vor Ostern, als die erste Kartonaktion startete? Die einen, berichtet Schurr, haben abgelehnt, »weil es ihnen wirtschaftlich besser geht«, dafür sind neue Familien hinzugekommen. Immer wieder gibt es für Schurr und seine Mithelfer berührende Momente. Ganz besonders bewegt haben ihn die Emotionen einer älteren kranken Frau. Der Sohn habe seine Arbeit verloren, die Tochter ebenso und sie selbst habe auch nur wenig zum Leben. Als sie erfahren habe, dass auch ihre erwachsenen Kinder mit einem Paket bedacht werden, sei die alte Dame in Tränen ausgebrochen. »Das schmerzt schon. « Ostern geht’s weiter starke Emotionen, die immer wieder hochkommen, weil Schurr durch die Aktion an die traurige Realität im Schwarzwald-Baar-Kreis erinnert wird. »Einigen Menschen geht es sehr schlecht« und »die leben auch in richtigen Schmutzbuden, weil sie sich nichts Besseres leisten können«. Manchmal, so Schurr, »sind es auch Nachbarn, die uns einen Hinweis geben, dass es einer Familie sehr schlecht geht«. Eine wirtschaftliche Schieflage aufgrund von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder fehlendem Nebenjob in der Gastronomie, beschreibt der SPD-Chef aus Villingen-Schwenningen die Ursachen. Manche haben auch eine mickrige Rente oder sind alleinerziehend und kommen deshalb kaum über die Runden. Eines der rund 80 Weihnachtspakete kommt auch an die Adresse von Ida K. (Name von der Redaktion geändert) »Ich habe eine kleine Rente«, erzählt sie mit stockender Stimme im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, »wenn ich die Miete abziehe, dann bleiben mir noch nicht einmal 500 Euro übrig. « Über die Aktion habe sie durch einen Zettel erfahren, der bei ihrem im Briefkasten landete. Zunächst habe sie Hemmungen gehabt. »Doch der Herr Schurr hat mir gleich das Gefühl gegeben dass ich mich nicht schämen muss, weil ich anrufe«, berichtet sie vom ersten Kontakt. Stark gehbehindert und dazu auf einem Auge fast blind, bereite ihr das Einkaufen große Mühe. Mal ein paar Tage wegfahren, sich ein neues Kleid kaufen oder auch nur mal ins Restaurant essen gehen, »das ist schon lange nicht mehr möglich«, erzählt die Mittsiebzigerin., Über was sie sich am meisten freuen würde am 24. Dezember? »Wenn im Weihnachtspaket eine Schachtel Pralinen liegt, denn das kann ich mir nicht leisten. « Sie räuspert sich: »Ich finde es schön, dass sich hier in VS Menschen Gedanken über Bedürftige machen. „Hoffentlich was Süßes in den Paketen sollen auch eine kleine Geste an diese bedürftigen Menschen sein, »dass wir an sie denken«. Manchmal bleibt Schurr die Sprache weg, wenn »Leute mir ihre Kontoauszüge zeigen möchten, als Beweis dafür, dass sie wirklich nichts haben«. Er versuche den Menschen, die sich melden, immer wieder zu vermitteln »Es muss sich niemand schämen, der bei uns anruft. « Für Schurr ist es keine Frage: Nach der Weihnachtsaktion kommt an Ostern die nächste Paket-Runde. Dabei soll es nicht bleiben. Was 2020 angefangen hat, werde auch 2021 weitergehen. Wer Geldnöte habe, »der bekommt auch unterm Jahr Lebensmittel von uns«. So wie die alte Dame, die sich so sehr über Wurstdosen freut und hofft, dass auch dieses Mal wieder ihre Lieblingswurst mit dabei ist. Oder jene Familie, die eine große Packung Mehl in ihrem Karton zu Ostern hatten: »Und die Kinder haben mir dann gleich daraus Plätzle gebacken.«

 

Presse: Schwarzwälder-Bote 24.12.2020 / Eva-Maria-Huber

 

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